So, endlich geht es hier weiter. Gar nicht so einfach zwischen Mama-Sein und Korrekturen. Noch dazu fällt mir dieser Beitrag schwer, weil Schreiben ja doch sehr individuell passiert. Ich versuche vielleicht einfach in Worte zu fassen, wie Ellas Geschichte entstanden ist, und vor allem, worauf ich beim Schreiben so achte.
Ich hatte also den Plot stehen und die Figuren charakterisiert. Es konnte losgehen. Zunächst habe ich eine Szenenübersicht erstellt, in der ich alle Szenen bzw. Kapitel durchnummeriert habe, so dass ich eine feste Reihenfolge hatte.
Bei Ella habe ich die Kapitel aber nicht chronologisch geschrieben, sondern mit den Szenen angefangen, an die ich besonders viel Lust hatte … eine blöde Idee, wenn dann am Ende nur Szenen übrigbleiben, auf die man sich nicht so sehr freut.
Und dann habe ich einfach versucht, den Film aufzuschreiben, der bei mir im Kopf ablief.
Wichtig ist, dass man in der Schreibphase, auch wenn man direkt merkt, dass einem eine Formulierung nicht gefällt, einfach weiterschreibt. Die Überarbeitung kommt später. Erstmal wird nur geschrieben. Das bedeutet im Grunde: analytisches Hirn aus, kreatives Hirn an. Gar nicht so einfach, vor allem weil es so vieles gibt, auf das man während des Schreibens achten sollte:
1. Bevor es losgeht, muss man sich überlegen, aus welcher Perspektive die Geschichte erzählt werden soll. Es gibt den Ich-Erzähler wie bei Ella, den Er-/Sie-Erzähler oder den auktorialen Erzähler, der in alle Köpfe gucken kann und auch durchaus kommentiert. Ich habe mal gelesen, dass man sich vorm Schreiben ganz genau überlegen soll, wer die Geschichte erzählt, wo sich derjenige befindet und was er macht, während er erzählt. Ich glaube wirklich, dass das einer Geschichte mehr Tiefe verleiht, wenn man das im Hinterkopf behält.
2. Lebendige und realistische Dialoge schreiben, d.h. nicht zu gestelzt, aber auch nicht in „gesprochener“ Sprache, also mit ständigen Ähs und Hmms. Stilistisch schön ist es auch, wenn man den ein oder anderen Begleitsatz für die wörtliche Rede weglässt und der Leser dennoch versteht, wer gerade spricht.
3. Die Dialoge dürfen auch nicht im luftleeren Raum stehen. Der Leser benötigt ja ein Bild im Kopf. Deswegen ist es wichtig zu beschreiben, was die Anwesenden während des Gesprächs tun. Manchmal ist das völlig klar, weil sich ein Gespräch aus der Situation heraus ergibt. Aber manchmal möchte man auch ein bestimmtes Gespräch irgendwo einbetten und dann muss man sich überlegen, was die Anwesenden währenddessen überhaupt tun.
4. Schon vorher – bei der Planung – sollte man sich überlegen, wie man eine Szene beginnen will, damit man beim Schreiben nicht mehr so viel darüber nachdenken muss. Das ist reine Technik und hat mir zum Beispiel bei der Überarbeitung noch einmal geholfen, Ellas Geschichte viel mehr Tiefe zu geben. Elizabeth George beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten in ihrem Ratgeber sehr gut. Man kann zum Beispiel einfach chronologisch erzählen, was geschieht. Man kann den Leser in die Szene werfen und mit einem Dialog beginnen. Das Ganze kann man auch damit verbinden, dass man mitten in der Szene anfängt, um dann rückblickend kurz zu erzählen, wie es dazu gekommen ist. So habe ich bei Ella zum Beispiel Mrs. Grady eingeführt. Der Leser hat keine Ahnung, wer sie ist, und fragt sich, ob er etwas überlesen hat. So wird er neugierig. Dann kommt der Rückblick und die Beschreibung von Ellas Flucht, bis sie auf Mrs. Grady trifft.
5. Genauso wie man bei den Figuren Klischees vermeiden sollte, sollte man im Erzähltext Redewendungen vermeiden, weil sie meist schon sehr abgenutzt sind und dadurch langweilig wirken – gerade bei Vergleichen. Es ist origineller und interessanter, wenn man sich selbst passende Vergleiche sucht. Obwohl ich es weiß, erwische ich mich zwischendurch selbst auch dabei, gängige Vergleiche zu verwenden, weil mir partout kein besserer einfallen will oder ich genau diese Formulierung aber aus einem bestimmten Grund unbedingt verwenden möchte. Manchmal macht es durchaus Sinn, achtet aber darauf.
6. Atmosphäre, Atmosphäre, Atmosphäre: Das fällt mir so schwer, dass ich während der Überarbeitung immer ganz gezielt darauf achte. Aber was bedeutet das überhaupt, Atmosphäre? Es bedeutet, für den Film im Kopf des Lesers zu sorgen. Und zwar nicht nur, indem man beschreibt, was man sieht. Am besten werden möglichst geschickt, ohne alles aneinanderzureihen, immer mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen. Ich bin aber zum Beispiel wahnsinnig schlecht darin, Gerüche zu beschreiben. Und falls ihr mal drauf achten wollt: Ella spürt permanent den kühlen Wind auf ihrer Haut oder in ihren Haaren.
Obwohl das Schreiben ja ganz zentral ist, gibt es mehr gerade nicht zu tun. Einfach hinsetzen und losschreiben. Das Wichtigste passiert sowieso erst danach …
P.S.: Mein kreatives Hirn funktioniert mit Stift und Papier deutlich besser als am PC, weswegen ich Ellas Geschichte komplett per Hand geschrieben habe, um sie dann Kapitel für Kapitel abzutippen … was für ein Aufwand! Macht das definitiv anders!!!